Eltern unterstützen und Pharma-Industrie in die Pflicht nehmen
„Hauptsache gesund“ – genau das ist es, was sich werdende Eltern für ihren Nachwuchs wünschen. Kein Wunder also, dass das wachsende Angebot an genetischen Frühtests in der Schwangerschaft, für die mittlerweile oft nur noch eine einfache Blutabnahme nötig ist, auf wachsenden Zuspruch trifft. „Natürlich wollen die Eltern das Beste für ihr Kind – oft allerdings stehen sie, wenn bei den Tests nicht das erhoffte Ergebnis herauskommt, vor einer Entscheidung, deren Tragweite viele überfordert“, sagt die gleichstellungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sybille Böschen.
Leben wir mit einem möglicherweise behinderten Kind, oder entscheiden wir uns für einen Abbruch der Schwangerschaft? „Mit dieser eigentlich ,unmenschlichen‘ Frage, dürfen wir niemanden allein lassen“, betont Böschen. „Fakt ist: Die steigende Zahl von Frühtests, die sich teilweise ohne jede Beratung oder Begleitung im Internet bestellen lassen, erhöht auch den zeitlichen Druck, sich zu entscheiden.“
Die Sozialdemokratin ist dabei realistisch: „Die Entwicklung und die immer weitere Verbreitung der vorgeburtlichen Diagnostik lässt sich nicht aufhalten. Derartige Tests werden langfristig immer häufiger und immer günstiger auch über das Internet zu bekommen sein, ohne dass wir viel dagegen tun könnten“.
Gerade daher gelte es an anderer Stelle anzusetzen: „Wir müssen den Eltern konkrete Hilfe bei ihrer Entscheidung anbieten. Dazu gehört ganz klar zu sagen: Wir unterstützen Euch – auch und insbesondere bei der Entscheidung ein möglicherweise behindertes Kind zu bekommen.“ Letztlich gehe es dabei um mehr als Beratung: „Unsere Gesellschaft muss deutlich machen, dass sie es mit dem Thema Inklusion ernst meint: Wir alle sind aufgefordert, Eltern in die Lage zu versetzen, sich das Leben mit einem behinderten Kind zuzutrauen – und zwar indem wir von Anfang an individuelle Hilfe und Unterstützung etwa durch Sozialassistentinnen und -assistenten ermöglichen.“
In diesem Zusammenhang sieht Böschen auch die Hersteller der Frühtests in der Pflicht: „Man darf nicht vergessen: Letzten Endes ist die vorgeburtliche Diagnostik auch ein lukratives Geschäft. Ich halte es daher für richtig, die Pharma-Industrie auch an den ,Folgekosten‘ zu beteiligen und sie zu verpflichten einen Teil ihres Gewinns für Beratungs- und Hilfsinstitutionen zur Verfügung zu stellen, die Eltern bei und nach ihrer wie auch immer gearteten Entscheidung begleiten und unterstützen.“
Pressemitteilung SPD-Bürgerschaftsfraktion Land Bremen Bremen, Mittwoch 23. Oktober 2013