Bund plant Gesetz und stößt auf Kritik
Von Klaas Mucke, Weser Kurier, 12. März 2015
Handy raus, rein ins öffentliche WLAN und losgesurft. So einfach könnte es sein. Ist es in Deutschland aber nicht. Das muss besser werden, sind sich viele Experten einig. Das sieht auch die Bundesregierung so und hat es sich zur Aufgabe gemacht, Nutzern den öffentlichen Zugang ins Internet zu ermöglichen – und gleichzeitig rechtliche Unklarheiten zu beseitigen.
Am Donnerstag hat Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eine entsprechende Gesetzesvorlage veröffentlicht. „Deutschland fährt bei der Verbreitung von WLAN-Hotspots im internationalen Vergleich derzeit noch mit angezogener Handbremse“, sagt Gabriel. Doch trotz aller Einigkeit darüber, dass der Ausbau öffentlich zugänglicher Hotspots angeschoben werden müsse: Darüber, wie das geschehen soll, ist man in Bremen anderer Meinung.
Für Diskussion sorgt vor allem die sogenannte „Störerhaftung“. Nutzt jemand ein offenes WLAN-Netz und lädt beispielsweise raubkopierte Musik auf seinen Rechner, haftet für die Urheberrechtsverletzung nicht der Nutzer, sondern derjenige, der das Netz zugänglich gemacht hat. Ob diese Störerhaftung aber auch für Café- und Restaurant-Besitzer oder öffentliche Einrichtungen gilt, war bislang nicht eindeutig geregelt. Gabriel will dies nun ändern.
Für Bremen bedeutet das: Zwischen Fußgängerzone, Fallturm und Vegesack sollen Geschäftsinhaber dazu animiert werden, einen WLAN-Zugang anzubieten. Dazu sollen sie aber ihr Netzwerk mit einem Passwort schützen und sich beim Nutzer rückversichern, dass der keine Raubkopien oder Kinderpornografie herunterladen will. Das soll der Nutzer mit einem Klick bestätigen.
Doch in der Praxis sei das viel zu umständlich, sagen Kritiker. Nutzer müssten immer dann ein neues Passwort eingeben und ihre legale Nutzung bestätigen, sobald sie sich von einem Netz in ein anderes bewegen. „Ein Rückschritt“, sagt Rainer Hamann, Sprecher für Datenschutz und Informationsfreiheit der SPD-Bürgerschaftsfraktion. Ein offenes Netz bedeutet für Hamann, dass Nutzer darauf unkompliziert zugreifen können. Das sei auch ein toller Service für Touristen. Am Bahnhof und am Flughafen können Reisende sich derzeit 30 Minuten lang kostenlos in Hotspots einwählen. Bei dem Kooperationsangebot mit der Telekom fallen allerdings nach Ablauf dieser Zeit Gebühren an. Ein offenes Netzwerk hieße in Hamanns Sinne auch: unbeschränkt und ohne Zusatzkosten.
Genau so ein freies Internet gibt es bereits in Bremen. Jeder kann über Smartphone oder Tablet-PC auf 182 Internetknotenpunkte zugreifen, die Privatleute zur Verfügung stellen. Je näher die Knotenpunkte aneinander liegen, desto flächendeckender wird das Netz. Initiiert wurde dieses Netz von den Freifunkern.
Nur: Für Privatleute und Vereine sind die Anforderungen, nicht haften zu müssen, laut Gabriels Gesetzesentwurf sogar noch höher. Stellen sie ihren Internetzugang wie die Freifunker kostenlos zur Verfügung, sollen sie auch die Namen der Nutzer kennen, denen sie den Zugang gewährt haben. Die Begründung: In Privaträumen sei es wahrscheinlicher als im öffentlichen Raum, dass Straftaten wie Kinderpornografie und Urheberrechtsverletzungen begangen würden.
Eine solche Absicherung aber können die Freifunker nicht leisten. Zu unübersichtlich ist die Menge der Leute, die ihren Zugang nutzen. Die Gesetzesvorlage der Bundesregierung bringe die Idee des offenen WLANs deswegen nicht weiter, sagt Jelto Wodstrcil von den Freifunkern Bremen. Sie seien weiterhin dazu gezwungen, die Verbindung über Server im Ausland umzuleiten. So können sie die Störerhaftung umgehen. In den meisten europäischen Ländern gibt es kein solches Haftungsprinzip.
Auch Claas Rohmeyer kritisiert die ungleichen Voraussetzungen für Gewerbetreibende und Privatleute: „Das verstehe ich nicht“, sagt der Sprecher für Kultur und Medien der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Ziel müsse es sein, schrittweise jeder Person an jedem Ort in Bremen einen freien Zugang zum WLAN anzubieten. Er hoffe, am Entwurf werde nachgebessert, sagte Rohmeyer – zugunsten einer einheitlichen Regelung. Rainer Hamann geht noch einen Schritt weiter: Er fordert die Abschaffung der Störerhaftung.