Mindestlohn im Taxigewerbe
Die sechste Anfrage trägt die Überschrift „Arbeitsbedingungen für Taxifahrer/-innen im Land Bremen“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Jägers, Reinken, Pohlmann, Tschöpe und Fraktion der SPD.
Bitte, Herr Kollege Jägers!
Abg. Jägers (SPD): Wir fragen den Senat:
Erstens: Welche Entgelte und Arbeitsbedingungen für Fahrerinnen und Fahrer liegen der vom Senat genehmigten Fahrpreiserhöhung für Taxis zugrunde?
Zweitens: Wie bewertet der Senat die Möglichkeit, die Konzessionierung von Taxis im Land Bremen an die Zusicherung von Mindestarbeitsbedingungen und -entgelten zu binden und sich dabei beispielsweise an dem im Tariftreuegesetz genannten Mindestlohn zu orientieren?
Drittens: Sieht der Senat darüber hinausgehende Handlungsoptionen zur Absicherung und gegebenenfalls Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Lage der Beschäftigten des Taxengewerbes im Land Bremen?
Präsident Weber: Diese Anfrage wird von Herrn Staatsrat Prof. Stauch beantwortet.
Staatsrat Prof. Stauch: Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage 1: Die Erhöhung der Entgelte hatte ihren Grund in der Erhöhung der Benzinpreise und der sonstigen allgemeinen Kosten. Keine Rolle spielten dabei die Entgelte und sonstigen Arbeitsbedingungen der Taxifahrerinnen und Taxifahrer, die dem Senat auch nicht näher bekannt sind.
Nach Auskunft der Fachvereinigung Personenverkehr Bremen gibt es in Großstädten bundesweit keine festen Stundensätze für Taxifahrerinnen und Taxifahrer, und zwar unabhängig davon, ob es sich um festangestellte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder um Aushilfskräfte handelt. Die Entlohnung erfolgt nach dieser Auskunft jeweils prozentual auf der Grundlage des Umsatzes. Dabei könne im Schnitt von einer Umsatzbeteiligung zwischen 35 Prozent und 40 Prozent ausgegangen werden. Somit profitierten die Fahrerinnen und Fahrer von der jüngsten Anhebung des Beförderungsentgelts.
Nach einem 1989 gekündigten und bisher nicht ersetzten Tarifvertrag für das Taxigewerbe des Landes Bremen hat der Lohn für eine zwölfstündige Arbeitsschicht einmal zwölf D-Mark und 30 Prozent aus der Tageseinnahme betragen. Als Mindestgarantiebetrag pro Schicht wurde danach täglich 70 D-Mark an Werktagen sowie 100 D-Mark an Feiertagen garantiert.
Dass es zu keiner Ersetzung des Tarifvertrages gekommen ist, dürfte auf den Umstand zurückzuführen sein, dass die Beschäftigten dieser Branche nur in äußerst geringem Maße gewerkschaftlich organisiert sind.
Zu Frage 2: Die Voraussetzungen einer Erlaubnis für den Verkehr mit Taxen sind im Personenbeförderungsgesetz geregelt, das als gewerberechtliche Ordnung für den Straßenverkehr hauptsächlich Fragen der Verkehrssicherheit und des Verwaltungsverfahrens reguliert. Sinn und Zweck der Konzession ist danach die Wahrung des öffentlichen Verkehrsinteresses, Kundenschutz im Rahmen des ÖPNV. Eine Bindung der Konzessionierung von Taxen an die Zusicherung von Mindestarbeitsbedingungen und -entgelten sieht das Personenbeförderungsgesetz dagegen nicht vor.
Zu Frage 3: Der Senat sieht keine weiteren Handlungsoptionen zur Absicherung und gegebenenfalls Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Lage der Beschäftigten des Taxengewerbes im Land Bremen. Staatliche Mindestarbeitsbedingungen lassen sich nur in engen rechtlichen Grenzen durchsetzen.
Es gelten die Voraussetzungen des Verfahrens der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen nach dem Tarifvertragsgesetz sowie die Regularien des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des Mindestarbeitsbedingungengesetzes. Die Voraussetzungen für diese Verfahren liegen jedoch nicht vor und wären im Übrigen nicht auf Landes-, sondern auf
Bundesebene durchzusetzen. – Soweit die Antwort des Senats!
Präsident Weber: Herr Abgeordneter, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!
Abg. Jägers (SPD): Wenn man mit den Fahrern spricht, hört man, dass sie sich beklagen, sie verdienen etwa fünf bis sechs Euro in der Stunde, und wenn sie die Schicht beenden, müssen sie danach noch zum Amt gehen und aufstockende Leistungen beantragen, also vom Staat, vom Land und der Stadt noch Geld holen. Würde sich ein gesetzlicher Mindestlohn nicht auch an dieser Stelle segensreich auswirken?
Präsident Weber: Bitte, Herr Staatsrat!
Staatsrat Prof. Stauch: Natürlich! Ein gesetzlicher Mindestlohn wäre auch in diesen Fällen sehr gut, nur die Instrumente bestehen dafür zurzeit nicht. Das Personenbeförderungsgesetz geht immer nur auf die individuelle Konzessionierung ein. Man kann höchstens etwas über die persönliche Zuverlässigkeit regeln,
dann müssten aber ganz gravierende Verstöße vorliegen.
Präsident Weber: Herr Abgeordneter, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!
Abg. Jägers (SPD): Ein gravierender Verstoß wäre sicherlich auch ein Verstoß gegen gesetzliche Regelungen wie einen gesetzlichen Mindestlohn, teilen Sie diese Eischätzung?
Präsident Weber: Bitte, Herr Staatsrat!
Staatsrat Prof. Stauch: Wenn das ganz besonderes Gewicht hat! Im Übrigen sind bei der Konzessionierung die Fachgewerkschaften beteiligt, die Fachgewerkschaften werden immer vor Erteilung einer Konzession angehört. Es wäre vielleicht auch eine Möglichkeit, wenn die Fachgewerkschaften besonders gravierende Fälle der Konzessionsbehörde vortragen würden.
Präsident Weber: Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.