Sie kommen aus Bremen, Bremerhaven und den niedersächsischen Nachbargemeinden – und die Zahl der Frauen, die die Angebote des „Notrufs für vergwaltigte Frauen und Mädchen e. V.“ in Anspruch nehmen, steigt. Dies erfuhr jetzt der Schwachhauser SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Rainer Hamann bei einem Informationsbesuch.
Es sei geplant, eine weitere Mitarbeiterin einzustellen, um der gewachsenen Nachfrage gerecht zu werden, berichtete Diplom-Psychologin Anja Herrenbrück. Zum ersten Mal gebe es eine Warteliste für Beratungssuchende. In Akutsituationen werden den betroffenen Frauen laut Herrenbrück jedoch auf jeden Fall zeitnahe Termine angeboten.
Rainer Hamann: „Die aktuelle Situation verdeutlicht noch einmal, wie wichtig diese Beratungsstelle für die psychosoziale Versorgung von Menschen ist, die eine Vergewaltigung, einen sexuellen Übergriff oder häusliche Gewalt erlitten haben.“
Die vier Psychologinnen würden sich mit großen persönlichen und zeitlichem Engagement für die Belange der Frauen einsetzen, die beim „Notruf“ Hilfe und Unterstützung suchen – gleichgültig, ob die Gewalterfahrungen Jahre oder auch nur Tage oder Stunden zurückliegen.
„Nach dem es vor einigen Jahren auch schon einmal Streichungspläne für diese Einrichtung gab, haben Politik und Öffentlichkeit inzwischen erkannt, dass die Arbeit des ‚Notrufs’ fortgeführt werden muss“, so Hamann. Aus diesem Grund sei es begrüßenswert, dass die Finanzierung für die nächsten beiden Jahre gesichert sei.
Psychologin Herrenbrück zufolge wird die Beratungsstelle hauptsächlich vom Sozialressort unterstützt; hinzu kämen Spenden- und Sponsorengelder, Beiträge von den Mitgliedern des Trägervereins sowie Mieteinnahmen aus den Räumlichkeiten im Barkhof-Viertel. Damit werden unter anderem die bisher 2,2 Psychologinnen-Stellen bezahlt. „Diese Einrichtung ist nicht akut gefährdet, wie es an anderer Stelle zu lesen war“, stellt Rainer Hamann klar.
Er werde jedoch aufmerksam verfolgen, wie sich die Rahmenbedingungen für den „Notruf“ in Zukunft entwickeln, so Hamann. Es dürfe nicht sein, dass das Einwerben von Geldern und Öffentlichkeitsarbeit immer mehr Raum einnehmen – zu Lasten der Mitarbeiterinnen und der von ihnen betreuten Frauen.
Die Bremer Frauenorganisation gilt als einzige Anlaufstelle ihrer Art für vergewaltigte Frauen und Mädchen in der Region. Ein möglicher Behandlungsbeginn binnen weniger Tage sowie die Kombination therapeutischer und juristischer Kompetenz sind besondere Merkmale – wichtig etwa bei der Entscheidung, wann eine Anzeige gemacht werden soll.
Die Fortbildung von Mitarbeitern anderer Berufsgruppen – etwa Polizisten, Richter oder Krankenhausbedienstete – gehört ebenfalls zum Angebot der Beratungsstelle.
In dieser würden permanent dreißig bis vierzig Frauen – in seltenen Fällen auch Männer – versorgt, berichtete Herrenbrück. Meist gehe es dabei um Beziehungstaten. Für Betroffene mit türkischen oder kurdischem Hintergrund ist eine Psychologin mit speziellen Sprachkenntnissen vor Ort.
An jüngere Frauen richtet sich die K.O.-Tropfen-Kampagne, mit der die Einrichtung in den vergangenen beiden Jahren für Aufsehen gesorgt hat – mit dem Ziel, vor allem Disko-Besucherinnen für die Bedrohung durch farb, geruchs- und geschmacksneutrale „K.O.-Mittel“ zu sensibilisieren.
Diese werden dazu eingesetzt, junge Menschen in einen wehrlosen Zustand zu versetzen. „Filmriss“, Vergewaltigung und andere Mißbrauchstatbestände sind mögliche Folgen.