Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht Druck: Erreichen die Programme noch die Menschen? Ist die Finanzierung ausreichend – oder zu hoch? Wie sieht es mit den Kosten für Sportübertragungen aus? Was leisten die Gremien?

Die Zukunft des ÖRR wird in den Gremien breit diskutiert. Aus Bremen haben wir als Regierungsfraktionen den Anspruch über ‚unseren‘ Senat die Entwicklung zu beeinflussen.

Wie eine parlamentarische Initiative entsteht habe ich in einer Podcast-Folge beschrieben: Der Pirol – wie ein Antrag entsteht.

Ablauf der Beratung

Die Idee dahinter: Der Senat bekommt damit den Auftrag unsere Punkte bei Verhandlungen zur Zukunft des ÖRR zu berücksichtigen.

Mir sind folgende Punkte wichtig:

  • Transparenz der Finanzierung
  • Öffentlichkeit der Gremien
  • Stärkung der Publikumsstelle
  • Verantwortung für die Gesellschaft

Entscheidend ist bei Anträgen der Beschlussteil. Die Einleitung in das Thema stelle ich aus Gründen der Übersichtlichkeit nach hinten.

Erster Entwurf Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mai 2017

  1. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist mit seinem Auftrag, unabhängig und zuverlässig zu informieren, für die demokratische Kultur des Landes weiterhin unverzichtbar.
  2. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind verpflichtet, sparsam zu wirtschaften. Sie wollen dafür auch verstärkt IT-basierte Kooperationen eingehen; dafür müssen sichere wettbewerbsrechtliche Grundlagen geschaffen werden.
  3. Die Verpflichtung zum Einsparen darf nicht zu Lasten von Qualität und Umfang des Programms gehen. Die Finanzierung muss grundsätzlich dem Auftrag folgen, nicht umgekehrt. Ein prinzipielles Einfrieren des Rundfunkbeitrags ist daher abzulehnen.
  4. Die föderale Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist nicht nur Teil der Gründungsgeschichte, sie ist auch der große Vorteil für die demokratische Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger in allen Regionen Deutschlands.
  5. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss einen zeitgemäßen online-Auftrag erhalten, der ihm die Nutzung aller Verbreitungswege, auch die nicht-linearen, für seine Inhalte möglich macht; so wie dies für den Bereich Funk bereits im Staatsvertrag festgelegt ist. Dabei muss auch die Verweildauer von Sendungen neu geordnet und verlängert werden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss eine eigene gemeinsame Plattform für alle Verbreitungswege entwickeln können und er muss für die Verbreitung seiner Inhalte auf Plattformen Dritter sorgen.
  6. Es ist sinnvoll, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk auf dieser Grundlage Kooperationen mit anderen gemeinwohlorientierten Einrichtungen (Museen u.a.) aufbaut, um verfügbares Wissen zu ordnen und für alle auffindbar zu machen.

Unseren Entwurf haben wir dann an den Koalitionspartner übermittelt.

Zweiter Entwurf SPD Bürgerschaftsfraktion – Juli 2017

Bestand und Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sichern!

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, sich in den gegenwärtigen Beratungen der Bundesländer über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland an folgenden Eckpunkten zu orientieren:

  1. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist mit seinem Auftrag, unabhängig und zuverlässig zu informieren, für die demokratische Kultur des Landes weiterhin unverzichtbar.
  2. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind verpflichtet, sparsam zu wirtschaften. Sie sollen dafür auch verstärkt Kooperationen, wie etwa im Bereich der IT-Verwaltung, eingehen. Dafür müssen sichere wettbewerbsrechtliche Grundlagen geschaffen werden.
  3. Unabhängig von der Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, sparsam zu wirtschaften und Kooperationsmöglichkeiten zu nutzen, muss die Finanzierung grundsätzlich dem Auftrag folgen, nicht umgekehrt. Wie weit dieser Auftrag ausgelegt wird und ob zum Beispiel der Erwerb teurer Sportrechte davon gedeckt ist, ist regelmäßig zu prüfen.
  4. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten müssen transparent mit den Rundfunkgebühren umgehen. Die Kosten für extern beauftragte Produktionen sind daher ebenso zu veröffentlichen wie die Gehälter von Intendantinnen, Intendanten und deutlich übertariflich bezahlten Mitarbeitern. Thematisch ähnliche Tätigkeiten für andere, nicht-journalistische Auftraggeber sollen von Mitarbeitern offengelegt werden, um den Anschein von Interessenskonflikten zu vermeiden.
  5. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten müssen transparent arbeiten, sich Kritik offen stellen und sich am öffentlichen Diskurs beteiligen. Es sollte daher für alle Anstalten einheitliche Standards für den Umgang mit Publikumsbeschwerden geben, und diese sollten regelmäßig veröffentlich werden.
  6. Es ist eine, ebenfalls überall einheitliche, transparentere Vorstellung der Mitglieder der Aufsichtsgremien anzustreben.
  7. Die föderale Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist auch von großem Nutzen für die demokratische Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger in allen Regionen Deutschlands. Die föderale Struktur ermöglicht eine regionale Berichterstattung und damit eine dezentrale öffentliche Information und Meinungsbildung, die der private Rundfunk nicht leisten kann. Und sie ermöglicht zudem die Förderung von Regionalsprachen wie dem Niederdeutschen, wie sie in der Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen vorgeschrieben ist.
  8. Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist es auch, die Perspektive von Menschen mit Beeinträchtigungen abzubilden.
  9. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss einen zeitgemäßen Online-Auftrag erhalten, der ihm die Nutzung aller Verbreitungswege, auch der nicht-linearen, für seine Inhalte ermöglicht – so wie dies für das Jugendangebot „Funk“ bereits im Staatsvertrag festgelegt wurde. Dabei muss auch die Verweildauer von Sendungen in den Mediatheken verlängert werden.
  10. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sollte eine eigene gemeinsame Plattform für alle Verbreitungswege entwickeln können. Dabei sind offene Standards einzuhalten. Ebenfalls sollten Texte und geeignete Software, wie zum Beispiel die Aussprachedatenbank der ARD, unter einer Creative-Commons-Lizenz für eine nicht-kommerzielle Nutzung veröffentlicht werden. Zudem muss den Rundfunkanstalten die Verbreitung seiner Inhalte auf Plattformen Dritter ermöglicht werden.
  11. Es ist sinnvoll, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk auf dieser Grundlage Kooperationen mit anderen gemeinwohlorientierten Einrichtungen (Museen u.a.) aufbaut, um vorhandenes Wissen zu ordnen und für alle Bürgerinnen und Bürger verfügbar zu machen.
  12. Es ist ebenso sinnvoll, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk Kooperation mit Schulen und Bildungseinrichtungen sucht, um die Medienkompetenz zu fördern.

Danach ist erst einmal Sommerpause. Die Parlamentarier erholen sich CO2 neutral und kommen mit vielen Ideen zurück nach Bremen. Als Antwort dann die Überarbeitung unseres Entwurfs durch den Koalitionspartner. Die Streichungen aus dem zweiten Entwurf sind entsprechend markiert:

Dritter Entwurf Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – August 2017

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, sich in den gegenwärtigen Beratungen der Bundesländer über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland an folgenden Eckpunkten zu orientieren:

  1. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist mit seinem Auftrag, unabhängig und zuverlässig zu informieren, für die demokratische Kultur des Landes weiterhin unverzichtbar.
  2. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind verpflichtet, sparsam zu wirtschaften. Sie sollen dafür auch verstärkt Kooperationen, wie etwa im Bereich der IT-Verwaltungvor allem im Bereich der Verwaltung, eingehen. Dafür müssen sichere wettbewerbsrechtliche Grundlagen geschaffen werden.
  3. Unabhängig von der Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, sparsam zu wirtschaften und Kooperationsmöglichkeiten zu nutzen, muss die Finanzierung grundsätzlich dem Auftrag folgen, nicht umgekehrt. Wie weit dieser Auftrag ausgelegt wird und ob zum Beispiel der Erwerb teurer Sportrechte davon gedeckt ist, ist regelmäßig zu prüfen. Eine dauerhafte Abkopplung des Rundfunkbeitrags von der Preisentwicklung würde Auftrag und Programm gefährden.
  4. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten müssen transparent mit den Rundfunkbeiträgengebühren umgehen. Die Kosten für extern beauftragte Produktionen sind daher ebenso zu veröffentlichen wie die Gehälter von Intendantinnen, Intendanten und deutlich übertariflichaußertariflich bezahlten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind daher zu veröffentlichen. Thematisch ähnliche Tätigkeiten für andere, nicht-journalistische Auftraggeber sollen von Mitarbeitern offengelegt werden, um den Anschein von Interessenskonflikten zu vermeiden.
  5. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten müssen transparent arbeiten, sich Kritik offen stellen und sich am öffentlichen Diskurs beteiligen. Es sollte daher für alle Anstalten einheitliche Standards für den Umgang mit Publikumsbeschwerden geben, und diese sollten regelmäßig veröffentlich werden.
  6. Es ist eine, ebenfalls überall einheitliche, transparentere Vorstellung der Mitglieder der Aufsichtsgremien anzustreben.
  7. Die föderale Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist auch von großem Nutzen für die demokratische Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger in allen Regionen Deutschlands. Die föderale Struktur ermöglicht eine regionale Berichterstattung und damit eine dezentrale öffentliche Information und Meinungsbildung, die der private Rundfunk nicht leisten kann. Und sie ermöglicht zudem die Förderung von Regionalsprachen wie dem Niederdeutschen, wie sie in der Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen vorgeschrieben ist.
  8. Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist es auch, die Perspektive von Menschen mit Beeinträchtigungen abzubilden.
  9. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss einen zeitgemäßen Online-Auftrag erhalten, der ihm auch die Nutzung aller Verbreitungswege, auch der nicht-linearen, für seine Inhalte ermöglicht –- so wie dies für das Jugendangebot „Funk“ bereits im Staatsvertrag festgelegt wurde. Dabei muss auch die Verweildauer von Sendungen in den Mediatheken neu geordnet und verlängert werden.
  10. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sollte eine eigene gemeinsame Plattform für alle Verbreitungswege entwickeln können. Dabei sind offene Standards einzuhalten. Ebenfalls sollten Texte und geeignete Software, wie zum Beispiel die Aussprachedatenbank der ARD, unter einer Creative-Commons-Lizenz für eine nicht-kommerzielle Nutzung veröffentlicht werden. Zudem ihm muss den Rundfunkanstalten die Verbreitung seiner Inhalte auf Plattformen Dritter ermöglicht werden.
  11. Es ist sinnvoll, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk auf dieser Grundlage Kooperationen mit anderen gemeinwohlorientierten Einrichtungen (Museen u.a.) aufbaut, um vorhandenes Wissen zu ordnen und für alle Bürgerinnen und Bürger verfügbar zu machen.
  12. Es ist ebenso sinnvoll, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk Kooperation mit Schulen und Bildungseinrichtungen sucht, um die Medienkompetenz zu fördern.

Unterschiede

Auffallend: Die zentralen SPD Forderungen nach Transparenz – Gremien – und die Frage der Finanzierung finden in diesem Entwurf der Grünen keine Berücksichtigung. Besonders gewundert habe ich mich über die deutliche Ablehnung zum Thema offene Software. Schade. Über die Gründe kann mann spekulieren.

Damit ist das Projekt erst einmal „gestorben“.

Einleitung

Der Aufbau eines föderalen öffentlich-rechtlichen Rundfunks unter gesellschaftlicher Kontrolle war nach 1945 eine Konsequenz aus Diktatur und Krieg – wie die Garantie und der Schutz der Grundrechte und der Gedanke gemeinsamer europäischer Institutionen. Das Bundesverfassungsgericht hat seither in einer Reihe von Entscheidungen die verfassungsrechtliche Bedeutung, die Finanzierung und den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschrieben, konkretisiert und als „Bestands- und Entwicklungsgarantie“ festgeschrieben. Die Europäische Kommission hat die Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Wettbewerb der Medien bestätigt, zugleich aber gefordert, seinen Auftrag gesetzlich präzise zu formulieren.

Um eine zeitgemäße Weiterentwicklung des Auftrags und damit der Möglichkeiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geht es derzeit. Eine Orientierung allein am vermeintlichen Mainstream privater Rundfunkanbieter gehört nicht zur Aufgabe öffentlich-rechtlicher Programmgestaltung. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bedarf finanzieller wie auch politischer Unabhängigkeit, um seinem Informations- und Bildungsauftrag nachkommen zu können. Damit der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht auf an hohe Einschaltquoten gekoppelte Werbeeinnahmen angewiesen ist, ist der Rundfunkbeitrag weiterhin erforderlich.

Wie das Geld aus dem Rundfunkbeitrag verwendet wird, muss aber transparenter dargestellt werden. Das gilt etwa in der Frage, wie und zu welchen Kosten die Beiträge und Sendungen produziert werden – gerade dort, wo der ÖR externe Firmen mit der kompletten Herstellung beauftragt. Das gilt für die Gehälter von Intendantinnen, Intendanten und anderem Spitzenpersonal, die in allen Sendern öffentlich gemacht werden müssen. Das gilt aber auch für die anderen Einkünfte von Moderatoren. Auch wenn diese nicht immer fest bei den Sendern angestellt sind, ist zumindest und gerade dort Transparenz geboten, wo andere Tätigkeiten sich in thematisch ähnlichen Bereichen wie bei der Arbeit für den ÖR bewegen.

Denn es ist notwendig, angesichts von Schmähungen als „Staatsfunk“ und „Lügenpresse“ festzuhalten, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk heute erst recht als unabhängige, zuverlässige und der ganzen Gesellschaft verpflichtete Quelle von Information, Bildung und Unterhaltung unverzichtbar für den Bestand unserer demokratischen Ordnung ist. Die enorme Menge von zunächst ungeordneten Informationen unterschiedlichster Herkunft ist einerseits eine große Chance. Eine Nutzung dieses immensen Informationsangebotes, die der Wahrheit und dem Zusammenhalt in der Gesellschaft dient, bedarf aber andererseits einer prüfenden und einordnenden Organisation. Die Herstellung von Meinungsvielfalt, die kulturelle Verständigung und der Zusammenhalt der Gesellschaft: Diese Ziele formen auch weiterhin den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Zu diesem Auftrag gehört auch, sich der öffentlichen Diskussion und der Kritik zu stellen. Radio Bremen ist gesetzlich dazu verpflichtet, Publikumsbeschwerden im Rundfunkrat zu thematisieren und sie regelmäßig in Berichten zu veröffentlichen. Nicht alle öffentlich-rechtlichen Sender unterliegen jedoch dieser Verpflichtung. Dies sollte sich ändern, denn ein offener Umgang mit Kritik am Programm oder der Berichterstattung, aber auch größere Transparenz bei der Zusammensetzung der Gremien ist heute wichtiger denn je, und alle Sender sollten hier ähnlichen Standards unterliegen.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sieht sich aber nicht nur politischen Angriffen ausgesetzt, sondern auch technischen Umwälzungen, die – vor allem in der jüngeren Generation – zu geänderten Gewohnheiten der Informationsbeschaffung, die heute zum einem bedeutenden Teil nur noch über das Internet stattfindet, führen Wenn das so ist, muss auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Möglichkeit bekommen, diese neuen Verbreitungswege besser nutzen zu können.

In anderen Ländern, die auf diesem Weg schon weiter sind, arbeiten die Rundfunkanstalten an digitalen Kooperationen mit anderen Trägern des Gemeinwohls – wie etwa Museen und anderen Bildungseinrichtungen -, um so das Wissen, das von diesen gesellschaftlichen Institutionen erarbeitet wurde, auch der Bevölkerung in geeigneter Form zur Verfügung zu stellen. Solche Möglichkeiten der Kooperation sind auch in Deutschland zu prüfen.