Wahldiskussion im Kippenberg-Gymnasium / Schüler befragen Kandidaten
Quelle: Andreas Becker, Weser Kurier, Stadtteilausgabe, Donnerstag 5. Mai 2011
Schwachhausen. Bildungspolitik, das Turboabitur und die Beteiligung der Jugend an politischen Prozessen – das waren gestern Hauptthemen einer Wahldiskussion im Kippenberg-Gymnasium. Die Bürgerschaftskandidaten Susanne Grobien (CDU), Oliver Möllenstädt (FDP), Ralph Saxe (Grüne), Rainer Hamann (SPD) und Jost Beilken (Linke) stellten sich den Fragen von Schülern aus der 11. Jahrgangstufe.
Die Rolle der Jugendlichen in der politischen Landschaft nahm einen großen Raum in der Diskussion ein. Durch die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre erhofft man sich laut Sozialdemokrat Rainer Hamann eine bessere Beteiligung. „Das Vorurteil, die Jugend sei nicht informiert und an Politik nicht interessiert, ist falsch“, sagte Hamann. Anstelle eines festen Jugendbeirats sprach er sich für eine gezielte Teilnahme bei bestimmten Themen aus.
Dem schloss sich der Grüne Ralph Saxe an. Projektbezogene Ansätze seien sinnvoll, dies werde aber nicht genügen. Auch Jugendbeiräte seien „kein Stein der Weisen“. Saxe sprach sich in diesem Zusammenhang außerdem dafür aus, das kommunale Wahlrecht auf ausländische Mitbürger auszuweiten.
Freidemokrat Oliver Möllenstädt lobte das neue Wahlrecht. „Früher haben die Parteien entschieden, wer ins Parlament einzieht. Heute entscheiden die Wähler.“ Er könne sich gut vorstellen, auch die Beiratssprecher „als Stadtteil-Bürgermeister“ direkt vom Volk wählen zu lassen. „Auch kleine Volksentscheide zu konkreten Projekten in den Stadtteilen kann ich mir gut vorstellen“, so Möllenstädt.
Arbeitsbelastung der Schüler Wie auch bei der vorangegangenen Diskussion im Hermann-Böse-Gymnasium (wir berichteten) war die erhöhte Arbeitsbelastung der Schüler durch Turbo-Abitur und Doppeljahrgang ein Thema, das die Schüler besonders umtrieb. Saxe räumte ein, aus seiner Sicht sei die Belastung der betroffenen Schüler eindeutig zu hoch. „Das ist nicht unbedingt förderlich für die Qualität des Unterrichts“, kritisierte der Grünen-Bürgerschaftskandidat. Um die Belastung zu reduzieren, forderte er, die Lehrpläne gründlich zu durchforsten.
Susanne Grobien (CDU) kündigte eine bildungspolitische Qualitätsoffensive ihrer Partei an. Ein wichtiger Schwerpunkt sei die Fortbildung der Lehrer. Ziel dabei müsse allerdings sein, dass die Schulabschlüsse in Bremen mit denen der anderen Bundesländer vergleichbar seien.
Jost Beilken (Linke) wandte sich gegen eine strikte Abgrenzung der Schulformen. Die Übergänge sollten vielmehr „fließend“ sein, meinte er. „Wichtig ist eine Schulform, in der sich alle wohlfühlen und exzellent gelernt werden kann“, forderte Beilken. Entscheidend sei eine möglichst gute Ausstattung der Schulen. Möllenstädt argumentierte, dass Schüler und Eltern selbst entscheiden sollten, ob nach zwölf oder 13 Jahren die Abiturprüfung abgelegt werde. Ziel sei eine Abkehr von starren Lehrplänen hin zu mehr Freiheit der Schulen. „Natürlich nur innerhalb eines bestimmten Kanons“, so der Liberale.
Gegen einen Ausbau der Gymnasiumsplätze, der sich an der tatsächlichen Zahl der Anwahlen orientiert, sprach sich Rainer Hamann aus. „97 Prozent der Schüler haben in diesem Jahr die gewünschte Schulform bekommen“, begründete er seine Ansicht. Außerdem könne man die Schulstruktur nicht jedes Jahr nach den Anwahlzahlen umbauen. Die Einführung von Unterricht am Sonnabend kommt für Ralph Saxe und Rainer Hamann nicht in Frage. „Das ist Quatsch“, kommentierten beide den Vorschlag, den die CDU-Spitzenkandidatin Rita Mohr-Lüllmann ins Spiel gebracht hatte. Dies habe sich allerdings nur auf Förderunterricht bezogen, merkte Susanne Grobien an.
Foto: Gerd Rohde
Copyright Bremer Tageszeitungen AG Ausgabe: Nordost Seite: 10 Datum: 05.05.2011